21. Juni 2017 — Queeres

Hydra sagt: Schön, dass ihr alle da seid.
Hydra sagt: Wir nehmen jetzt alle einen bequemen Sitz ein.

Hydra sagt: Hello. It is me you’re looking for?

Hydra sagt: Wo und wann wurdest Du geboren?
Where and when were you born?
Welchen Platz in der Welt durftest Du einnehmen?
Which place in the world have you been assigned?
Sag, liegt die Mitte jetzt rechts?
Has the middle been shifting towards the right?
Wer sind die Anderen? Wer hat das Monopol aufs Wir? Wer hat das Monopol auf die Wahrheit?
Can a We be monopolized? Can the truth be monopolized?
Was begrenzt unseren Denk-, Lebens-, und Erfahrungshorizont und: Wie kommen wir da raus?
What sets limits to our way of thinking, living and experiencing things, and: Where’s the exit?

Hydra zitiert Hydra: Hydra has left the building, erstmal zum Yoga und Yoga bedeutet Einheit, hier sind alle eins und eins wie das andere, und alle sind gleich weiß und gleich schön und gleich schlank und keiner ist keinem, jetzt einatmen, ausatmen Atemanhalten und 3 2 1 ein und 3 2 1 aus, und jetzt Angst, 3 2 1 ein, jetzt Taubheit, 3 2 1 aus, jetzt Gleichgültigkeit, 3 2 1 ein, Hydra hat shortly after The Attack in Berlin, Germany 48 Stunden lang Friends geguckt, der 1990er gedacht, dem sanften Anfang der Nuller-Jahre, und alle sind gleich weiß und gleich schön und gleich schlank und alles beginnt mit dem Theme-Song, oh yeah, I’ll be there for you, und Rachel sagt Chandler sagt einatmen, ausatmen, Monica sagt Joey sagt: Ist das jetzt der Untergang der westlichen Zivilisation? Ross sagt: Am I out of my mind? Am I losing my senses? Hydra sagt: antworten, jemand möge einfach antworten.

Hydra liest vor: Die Freiheitliche Partei Österreichs zum Thema YOGA: Das Interesse für fremde Kulturen ist so legitim wie Reisen in ferne Länder; wo das Fremde aber beginnt, das Eigene zu verdrängen, ja des Eigenen Verdrängung sogar forciert wird, ist der Bestand dieser Kultur akut gefährdet. Die zwanghafte Suche nach exotischen Reizen, bei gleichzeitiger Diskreditierung des bewährten, gewohnten Eigenen, ist ein weiteres Indiz der Selbstaufgabe.1

Hydra liest (aus dem Angst-Buch) vor: Angst setzt unseren Verstand ausser Gefecht, ein somit unphilosophischer Zustand. Die Apathia beherrscht die Angst. Der Anblick der Medusa ist hierfür das mythische Bild. Angst ist ein Phänomen das den Körper ergreift, das Herz schlägt schneller, der Schritt versagt, der Puls rast, Kälte oder Hitze befällt uns. Angst sitzt im ältesten Teil des Gehirns, im limbischen System, der Amygdala, Angst ist eine elementare Emotion des menschlichen Organismus.

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Hydras Ängst Detox Altar, Performing Arts Festival Berlin, Juni 17 — Sandra Gugić

Hydra takes a deep breath and opens the door to her new job as the private yoga instructor for Vladimir Recip Trump’s wife, her new job in the lion’s mouth or the eye of cyclone trying not to think about her ÄNGST, her ÄNGST of empathy eroding.

Hydra flüstert auf 10.000 Dezibel: Close the empathy gap!

Hydra fragt: Sind die FIKTIONEN daran schuld, daß die Empathie verschwindet, oder eher die REALITÄT?

Hydra analysiert, Kaugummi kauend: REALITÄT und FIKTIONEN sind ein hochgradig komplexes, kompliziertes Bündnis eingegangen. Und solange die Renditen steigen, werden sie sich auch nicht voneinander trennen. LASSEN! Und sie steigern die Sehnsucht. Die Sehnsucht danach, man selbst zu sein. Auch wenn man was ganz anderes sein will. Der Sozialarbeiter will eigentlich Künstler sein. Der Künstler will eigentlich Consultant sein. Der Consultant will eigentlich Priester sein. Und der Priester ist Sozialarbeiter und Kämpfer gegen Rechts.

Hydra wird wahnsinnig und windet sich und ruft: Alle performen aneinander vorbei! Alle inszenieren sich selbst! Alles ist nur noch inszeniert!

Hydra zuckt die Schultern: Ja, und? Das war schon immer so. Die Frage ist doch: Setzt sich die Inszenierung nur für sich selbst ein? Oder auch für andere? Wohin geht das Denken? Reicht es, wenn es einfach irgendwo hingeht?

Hydra betritt den Männerbünderkörper, um jetzt auch einfach irgendwo hinzugehn, nein nirgendwo hinzukommen und sagt: Defending Germany semierfolgreich since 1938. Na, einer muss ja. Ehre wem Ehre gebührt und Freiheit wem Freiheit und Vaterland wems den Boden unter den Füßen wegzieht, wem der Boden wegsumpft, weil da immer was durchsuppt. Von Früher? Ja, von Früher. Und von der Welt? Ja, auch von der Welt. Und vom eigenen Irrsinnszustand? Ja, davon vielleicht auch.

Hydra sagt: MY BODY IS A CAGE.

Hydra sagt: Die große Angst vor der Welt. Und allem anderen. Farbe bekennen. Farben erkennen. Es ansonsten nicht so genau nehmen mit der Blindheit. Geschichte neu schreiben. Scary World Theory. Das war ja einfach.

Hydra sagt: Das SlimFit Hungern nützt nichts, die Körper sind wertlose Zielscheiben.

Hydra kratzt sich den einen Burschenschaftlerkopf und fragt: Aber ist das jetzt die Liebe?

Hydra sagt: I am unconditional love

Hydra flirtet mit einem Burschenschaftler und spricht tags drauf von den Tücken des Patriotismus, den Lücken des Patriotismus, den Lücken, die ihn beschädigen, den Patriotismus. Daraufhin stellen ihre Freunde und Friends Hydra zur Rede, doch die wird zickig und erwidert: Ich bin nicht beeinflußbar. Ich bin nicht beeinflußt. Da bin ich ganz von allein drauf gestoßen. WORDEN!

Hydra sagt: Die Angst vor dem Worden. Die Angst vor den Worten. Vor den Wörtern. Die Angst vor dem Austausch der Wörter. Vor dem Austausch der Körper. Der Kampf der Körper. Kopf an der Garderobe abgegeben beim Eintritt in die Volksgemeinschaft. Die große Verwechslung wenn einer doch mal rauswill. Na, und da behaupte man noch, der große Austausch hätte nicht stattgefunden!

Hydra deklamiert: Despite the constant negative press: covfefe!

Hydra reklamiert: Despite the constantly negative french press: coffee!

Hydra sagt: Ängst is not a Weltanschauung.2

Hydra sagt: Ängst is now a Weltanschauung.

Hydra sagt: I can be hated, therefore I am.

Hydra looks in the mirror and sees the face of Venus Xtravaganza, who was killed at the age of 23, being a non-cis woman. Hydra looks in the mirror and likes her new face in the mirror and watches herself moving her lips, saying: The ballroom tells me that I’m somebody, but when the ballroom is over and you come home, you have to convince yourself that you are somebody, and that’s when you get lost.

Hydra demonstriert, allein, mit einem riesigen Banner: The ballroom will never be over!

Hydra sagt: Dies ist keine Yogasession. Dies ist keine Meditation. Dies ist ein Trauergottesdienst, ein Gedenkgottesdienst ohne Gott. Wir gedenken aller, die noch siebzig Jahre nach der Befreiung vom Faschismus auf die Befreiung warten.

Hydra sagt: History won’t repeat itself.

Hydra sagt: History doesn’t need to repeat itself by itself, there are enough men who help repeating it.

Hydra sagt: I am so sorry for all the men out there who need to play the part of the man.

Hydra fragt: Did you never really love me? Only when I was playing a part?

Hydra antwortet: Yes. Sorry.

Hydra weint und weint und weint, vor Freude, sie kann nicht anders, es macht sie glücklich, ausschließlich für ihre Rollen geliebt zu werden und nicht für ihr brüchiges, verwirrtes und zweifelhaftes Selbst.

Hydra sagt: All the world’s my stage.

Hydra sagt: Heiner Müller sagt, Meine Bühne hatte keine vierte Wand. Der Rückzug ins Private war mir, schon weil ich eine Bühne brauchte, versperrt.

Hydra geht nach Hause, grüßt den Pförtner der Gated Community, schaut raus auf den frisch gemähten Rasen, bekommt Ängst und schreit: I am really a private person.

Hydra denkt sich: Das ist Püchenksychologie.

Hydra sagt: Die Angst ist die Enge in deiner Kehle.

Hydra sagt: Das schnürt die Luft ab. Das schnürt das Denken ab.

Hydra sagt: Vergiss nicht, zu atmen. Und auch das Denken nicht.

Hydra puts on a balaclava and paints her own mural, her own iconic piece of art, black, black as the balaclava she is wearing, and says: This city loves to preserve its murals and to evict its muralists. I have put an end to this.

Hydra likes her own face better wearing the balaclava.

Hydra cannot stop painting. She paints the whole City of Washistancow BLACK!

Hydra sagt: I cannot be loved.

Hydra sagt: I can be loving, therefore I am.

Hydra sagt: Die Angst ist immer dann eine Angst, wenn sie sich im Unbestimmbaren einnistet. Wer sie aber bestimmt, sie also zur Sprache bringt, sieht die Masken der Angst vor sich zerfallen. Lose Teile bleiben zurück. Fragmente einer Furcht, die ganz anders nun aussieht, als noch die Angst davor. Angst ist alles und nichts. Furcht ist etwas. Bestimmbar, begreifbar. Es braucht das Ablegen der Angst. Und die Arbeit an der Furcht. Amen. Das sagt euch die Hydra.

Hydra sagt: Ich will von der Liebe sprechen. Es ist gesagt worden: die Welt ist eine Single-Bar geworden, in der wir abhängen, zu uns nach Hause gehen, Sex haben, einander niemals wiedersehen, uns nicht an die Namen der anderen erinnern können, wieder in die Bar gehen, und neue Leute treffen. Es ist gesagt worden: Wir befinden uns in einer Welt ohne Bindungen.3

Hydra sagt: I’ve lived in the streets for seven years. Seven winters, seven falls, seven summers, seven springs. And I’m still alive, and that’s all that matters.

Hydra is interested in attending an event near you. Very near. Even nearer. In you.

Hydra sagt: Schön, dass ihr alle da seid.
Hydra sagt: Wir nehmen jetzt alle einen bequemen Sitz ein.
Hydra sagt: SITZT IHR ENDLICH ALLE BEQUEM?
Hydra sagt: Sorry.
Hydra sagt: Have you brought all your pretty ÄNGST with you here today? Let’s play a game: Call and Response. I call my ÄNGST you respond with your ÄNGST:

Ängst vor Anruf bei Sozialversicherung.
Ängst vor Post der Sozialversicherung.
Ängst vor Alltag.
Ängst vor to-do-liste.
Ängst vor meiner Mutter.
Ängst vor deiner Mutter.
Ängst vor deinen Brüdern.
Ängst kein Geld mehr zu haben.
Ängst vor Arbeitsamt.
Ängst vor Mainstream.
Ängst vor Avantgarde.
Ängst vor Bodyshaming.
Ängst vor Perfektion.
Ängst vor Trump.
Ängst vor AFD.
Ängst vor Supermarkt.
Ängst vor Neoliberalismus.
Ängst vor Gentrifizierung.
Ängst vor zu wenig Gentrifizierung.
Ängst vor Mietpreiserhöhung.
Ängst vor Rosinen im Käsekuchen.
Ängst vor Hipster.
Ängst vor Neonazi.
Ängst vorm Krieger 2.
Ängst vor Yoga.
Ängst vor leerem Kühlschrank.
Ängst vor Loslassen.
Ängst vor Mitmachtheater.
Ängst vor Inszenierung.
Ängst vor der Wirklichkeit.
Ängst vor Deutschland.
Ängst vor Gruppenarbeit.
Ängst vor Sockenparties.
Ängst vor Helene Fischer.
Ängst vor Yogis.
Ängst vor Therapiestunde.
Ängst vor Personality.
Ängst vor der Pause zwischen Frage und Antwort.
Ängst vor Smalltalk.
Ängst vor Selbstoptimierung.
Ängst vor Gewichtszunahme.
Ängst vorm Gewichtsverlust.
Ängst vorm Gewichtsverlust der Demokratie.
Ängst vor Zweierbeziehung.
Ängst vor Liebe.
Ängst vor Dating.
Ängst vor Einsamkeit.
Ängst vor tiefem Wasser.
Ängst vor Bakterien.
Ängst vor Altern.
Ängst vor Arbeit.
Ängst vor Auszeit.
Ängst vor Eiszeit.
Ängst vor Facebook.
Ängst vor Tinder.
Ängst vor Instagram.
Ängst vor zu wenig Likes auf Instagram.
Ängst vor mir selbst.
Ängst essen Seele auf.
Ängst vor der Ängst
Ängst vor Ängstlust.
Ängst vor der Ordnung.
Ängst vor dem Chaos.
Ängst vor dem Loch im Zahn.
Ängst vor Zäunen.
Ängst vor Altersarmut.
Ängst vor Jugendlichen.
Ängst vor geistiger Armut.
Ängst vor Privilegien.
Ängst vor Gott.
Ängst vor Brexit-Folgen.
Ängst vor Datenverlust.
Ängst vor Kontrollverlust.
Ängst vor Überwachung.
Ängst Kinder zu bekommen.
Ängst keine Kinder zu bekommen.
Ängst vor Kindern.
Ängst vor Veganismus.
Ängst vor Blut.
Ängst vor der Welt
Menschenängst.
Ängst vor Geschichte
Ängst vor Verantwortung
Ängst vorm Spiegelgesicht
Ängst vorm Körper der kein Heldenkörper ist
Ängst vor Gemeinschaft, in Auflösung befindlich
Ängst vor Ununterscheidbarkeit
Ängst vor wo verläuft die Grenze
Ängst vor der Grenze mir und dir
Ängst vor der Grenze dir und dir
Ängst vor Metaphern
Ängst vor Sprachlosigkeit.
Ängst vor Krankheit.
Ängst vor Ikea-Selbstbauanleitung.
Ängst vor Hoffnung.
Ängst vor Isolation.
Ängst vor Entscheidung.
Ausländerängst.
Ängst vor Einheimischen.
Ängst vor Kosmopolitismus.
Ängst vor Widerstand.
Flugängst.
Ängst vor Stillstand.
Ängst vor Fame.
Ängst vor Bedeutungslosigkeit.
Ängst vor Publikum.
Ängst vor Menschenmenge.
Ängst vor Leere.
Ängst vor Lyrik.
Ängst vor Kultur.
Ängst vor Goethe.
Ängst vor Proletariat.
Ängst vor dem Vergessen.
Ängst vor der Erinnerung.
Ängst vor Risiko.
Ängst vor Sicherheit.
Ängst vor Eigenheim.
Ängst vor Leistungsdruck.
Ängst vor Staatsterror.
Ängst vor Revolution.
Ängst vor Regierung.
Ängst vor Verantwortung.
Ängst vor Klimawandel.
Ängst vor Migration.
Ängst vor Finanzkrise.
Ängst vor Wohnungsbesichtigung.
Ängst vor Popkultur.
Ängst vor Fitnesswahn.
Ängst vor Amerika.
Ängst vor Manipulation.
Fakeängst.
Ängst vor Emotion.
Ängst vor Atomkraft.
Ängst vor Krieg.
Ängst vor Slim-fit-Boys.
Ängst vor Vagina.
Penisängst.
Ängst vor Size Zero Humans.
Ängst vor Konvention.
Ängst vor dem Erwartbaren.
Ängst vor Desire.
Ängst vor Poetry.
Ängst vor Wiederholungen.
Ängst vor dem Ende.
Ängst keine Ängst mehr zu haben.

Hydra sagt: The essence of hope is uncertainty.4
Hydra sagt: Mark yourself safe.
Hydra sagt: Hydra sagt: Breathe out all the ÄNGST.

Hydra sagt: Wo beginnt und wo endet unsere Angst? Wo beginnt das Vertrauen in uns selbst? Wo beginnt das Vertrauen in die Welt?

Hydra sagt: Vergiß nicht zu atmen. Und auch das denken nicht. Breathe against the ÄNGST.

Hydra sagt: The essence of hope is uncertainty.
Wenn du möchtest, öffne deine Augen mit der nächsten Ausatmung.


  1. http://nfz.fpoe.at/fur-ein-freies-osterreich-souveranitat-als-zukunftsmodell/37365969; Seite 147/148 

  2. Ivan Krastev: Auf dem Weg in die Mehrheitsdiktatur, in: Die große Regression, Suhrkamp 2017 

  3. Bernd Fleischmann, Angst ist Not a Weltanschauung, Morr Music, Album, 2008 

  4. streetart tag; gesehen: Yogyakarta 2017, Verfasser*in unbekannt