06. März 2019

eine frau die aussieht wie man sich eine frau vorzustellen hat
wenn im text von einer frau die rede ist und über den text hinaus
erster aufzug erstes bild: frau unbeschwerlich vollautomatisch
möglichst als naturzustand aus dem schatten dieser frau treten
in kräftiger akzentuierung des lichts codes der sozialen gefüge
sortieren interagieren ablehnung des ideals vergrößern
es bietet sich unter umständen an das eigene für normal
natürlich oder gottgegeben zu halten sowohl als auch für
unvoreingenommene und langwierige forschungen und vergleiche
diese ablehnung eines ideals vertiefen erweitern fortführen
das ziel ansteuern dabei eine bestimmte bildvorstellung im kopf
ein nie zu erreichender punkt der perfektion immer wissend
dass sich dieses ziel etwas nähert wieder entfernt gefärbt
im licht der umgebung die geistesgegenwart des moments
löst auch erhöhte pulsfrequenz bei der betrachterin aus
vergehende nicht zu wiederholende momente
hinterlasse ich fingerabdrücke
überall
überall

Protokolle der Gegenwart, Verlagshaus Berlin, 2019


Sandra Gugić — geboren 1976 in Wien. Studium an der Universität für Angewandte Kunst Wien und am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Veröffentlichungen (Prosa, Lyrik, Essays) in Zeitschriften und Anthologien, Arbeiten für Theater und Film. 2016 erhielt sie den Reinhard-Priessnitz-Preis für ihren ersten Roman Astronauten (C.H.Beck, 2015). Im Frühjahr 2019 erscheint ihr Lyrikdebüt Protokolle der Gegenwart im Verlagshaus Berlin.

→ http://sandragugic.com/