Hydras offener Schrei. (Hello.) (It’s you you are doubting.)

Ein Gastbeitrag von OPEN CALL KOLLEKTIV
29. März 2017 — Demokratisierung

1.

Hydra sagt: Ich zeichne mich aus, mit meinem Lebenslauf. Nein, ich weise mich aus, mit meinem Lebenslauf. Nein, keine Ausweisung, obwohl die Frage lautet: „Können Sie sich ausweisen?“. Keine Ausschaffung, Abschiebung, Rückführung: Lebenslaufen. Mein Lebenslauf ist scheiße, aber die Nationalität ist deutsch. Weißt du, was das bedeutet? Gegenüber syrisch, afghanisch, irakisch, eritreisch, iranisch, nigerianisch, armenisch, somalisch, aserbaidschanisch?

Hydra fragt: Weißt du, was das bedeutet? Geschichte haben, Monster sein. Mein Lebenslauf ist schon scheiße. Mein Weg ist Holz. Doch kommst du mit syrisch, afghanisch, irakisch und dergleichen, dann kommst du aus Aleppo, Kabul oder Bagdad. Metonyme des Krieges. Der Staub, die Brocken der Trümmer, die Salven. Wie ungemütlich. Gott, wie ungemütlich.

Hydra fragt: Weißt du, was sie finden? Weißt du, was sie sehen und hören, die mit syrisch, afghanisch und die anderen?: „Wir schaffen das!“ Sie sind „von guten Mächten wunderbar geborgen“.

(Daniel Schindler)


2.

Hydra sagt, andere als Nazis zu bezeichnen, verhütet nicht, selbst einer zu sein.

Hydra sagt, der Thron mit dem Faschismus ist nicht vakant.

Hydra sagt, Thronbauen hat immer eine Absicht.

Hydra sagt, nur kulturelle Identität braucht Agenten.

Hydra sagt, dass Kultur keine Agenten braucht.

„Hydra sagt es.“

Hydra sagt, Kultur erhält sich nicht selbst, Kultur wird erhalten.

Hydra sagt, du kannst den Schiller predigen, aber lesen musst du ihn noch.

Hydra sagt, wer deutsches Theater will, will Iphigenie auf Tauris, will den guten Mensch von Sezuan, will Maria Stuart, will Andorra.

Hydra sagt, Nazis glauben an Schwammintelligenz.

Hydra sagt, je größer der Schwamm, desto intelligenter fühlt sich sein Anführer.

Hydra sagt, Demokratie funktioniert nunmal nur fehlerhaft.

Hydra sagt, man muss neurotisch sein, damit das einen stört.

Hydra sagt, man muss neurotisch sein, damit das einen nicht stört.

Hydra sagt, nur mit einem System ist das demokratische unvereinbar, mit dem Nervensystem.

Hydra sagt es.

(Martin Piekar)


3.

hydra sagt: fragen immer lauter fragen beim wahnsinnig werden vom nachrichten hören oder nullen zählen im kopf zu rhythmisierten körpern summieren im ohr das symbolische geräusch lautschwangere kinetik tickt leise das private das politische oder wie war das noch fragen wir uns beim grenzen passieren halten uns ausweise (sagt auch DER GROSSE) bewegen wir arme und beine noch unabhängig gegen MASSE (UND MACHT) gegen die einzelnen glieder werden alle zur deckung gebracht hören skandiertes getränkt im rechten wahn oder wie nennen wir das fragen wir in richtung der sinnentleerten am mikrofon diesem wüten aus mündern in manch offenes gehirn ein anschreien gegen vermeintlich fremdes stärkt das gefühl von gleichheit und warum das so war schon wieder so ist fragen wir weiter während grenzen zäsuren setzen inmitten von menschen der pass ist der edelste teil (sagt auch DER UNTERSETZTE) selten antworten im entgrenzten wahnsinn an grenzen bleibt uns kein fragen bleibt nur : vom kopf an

(Simone Scharbert)


4.

Hydra flüstert: Hab mich in Weltzeit gelegt. Schweben ist immanent. Das Gegenwärtige hat ein eigentümliches Gewicht. Sagt gegenwärtig vornehmlich jetzt-jetzt.

Hydra sagt: Der Gang feilt Wörter, Ecken fallen ab.

Hydra sagt: Artikulationsraum hydratisch.

Hydra hakt nach: Wenn die Eigengruppe aus abgewiesenen Codes der Fremdgruppe besteht, generiert sich die Fremdgruppe dann aus der Ablehnung der Unterscheidungsmerkmale der Eigengruppe in Bezug zur Fremdgruppe?

Hydra sagt: I speak the only language that nobody understands.

Hydra prognostiziert: Also der Hydrant da unterm Blaulicht, der belegt die begleitende Wirkung des Mondes am Spieß und aufregende Gespräche, sie erfahren viel neues letztens am Küchentisch, da sahen ihre Augen so groß aus. Mh. Ich hätte schwören können, da ist was im Gange. Mh. (Nicken) Wie sich ihre Adern nach außen pressten. Wie eine Anaconda, die Mandelmilch trinkt.

Hydra sagt: The Hungarians by nature are not extreme.

Hydra sagt: Wenn die Norm sich festsetzt, kannst du ja immer noch weitergehen als die Imagination. Notfall [100 Milligramm Modafinil bitte] + [100 Milligramm Modafinil bitte] Notfall.

Hydra sagt: Neulich mit dem Dramaturgen. Beim Vorstellungsgespräch wurde darauf hingewiesen, dass der Intendant viel arbeite.

Hydra sagt: TAG im Gestern sich verrannt, was das Heute bringt, ohne zu fragen, ob der Morgen schon schließe NACHT.

„Bin verloren im Soeben, wo sind die Träume hin?“

Hydra sagt: We would like to preserve Hungary as Hungary.

Hydra sagt: Nature sagt: Die Modifizierung des „DNA nucleus“ aus „eukaryotic organisms“ sei der erste Schritt in der Genese einer rhizomatisch angereicherten prädispositionellen [bio-Hydra™].

Hydra: WAAAAAAAAAAAAAAAAAA RAAAAAAAAAAAAAAAAAAA [What happened? Wer oder was ist Hydra? Besteht der Ursprung der Hydra in der sogenannten Kolportage-Literatur? Sucht die Hydra ähnlich radikal nach Transzendenz wie]

Hydra sagt: Nach eifrigem Faszienrollen Anruf von Hanni, die im Nebenraum sitzt. Das Andere ist ja immer schon die Relation, ein Dazwischen, DAS Andere entsteht ja erst, wenn ich es label, sonst wär DER Andere ja nicht da.

Hydra sagt: Der Raum ist anders anders als das Selbst, der Raum kann ein anderes Selbst sein. Aber ist der Raum dann andersherum er selbst, wenn er von den Sternen fällt? HÄ?

Hydra sagt: Once upon a time there were many of us.

Hydra sagt: Sag ich doch und ja, das Geräusch heißt Sehnsucht, die pflück ich vom Baum der Vernunft.

Hydra sagt: Too true to believe.

Hydras Monitor spricht: Sternlein, Sternlein an der Wand, Wahrheit! Das große Interview mit Wunderweib und Star-Astrologin Hydra Rosenwein.

Hydra sagt: Neulich mit dem Dramaturgen. Man plane so mit 39,5 Premieren, is alles machbar, nech, und der Namtrow, ne, der is ja gesetzt, ne, dat muss die Leute einpacken, abholen, ne, wie ne Schale Schaum und Geruch von Theater.

Hydras Monitor spricht: Die Hydra springt über den Hydranten – was ist da los, Bob?

Hydra sagt: Der Horizont des im damals sich aussprechenden Behaltens ist das Früher.

Hydas Monitor unterhält: Aus der Erd in den Apfel in den Sinn: Hydrawurst – keep it real make it better. RAAA!

Hydra behauptet: Der Baldachin des sich aussprechenden Früher ist das Ritual.

Hydra oder Monitor oder stakkatiert: Das gesamte hydratische, hydraulische, hydrapraktische Zeitalter beginnt mit der Stunde NULL, dem gleißenden Zustand eines synästhetischen, lautmalerischen Reigens: KLATSCH, KLATSCH, HYDRA.

Hydra folgert: Die Verlautbarung des Rituals ist das Narrativ, das damals sich im Früher verlautbarte, künftig im Jetzt liege.

Die Frauenstimme im Monitor seicht: So, Hydra, du musst dich jetzt entscheiden.

Hydras Monitor fragt: Eins? Zwei?

Hydra sagt: Also das Ritual als Narrativ als wie früher.

Hydras Monitor: Oder drei?

Hier stockt Hydra, fährt sich mit den Armen wie auch immer, holt ihre Handtasche hervor (kleistscher Spannungsbogen, kleistscher Spannungsbogen!): Pzzz. Klack. Glas. Wasser. Modafinil. Ah. Raum. Gehirn. Jetzt Hydraaaaa!

Hydras Monitor betont: Letzte Chance. Hydra konkludiert. MYTHOS!

Hydras Monitor schreit: VORBEI!

Hydra sagt: Bin verloren im Soeben, wo sind die Träume hin?

Hydra wissenschaftlert: Der Mythos in kontrapräsentischer Funktion beglaubigt die Richtigkeit des Vergangenen.

Hydra sagt: iMessage von Hanni, die über mir sitzt: Wenn du etwas siehst und etwas von dir verlierst, sich dein ICH so vor dich legt, dass du die Arme ausstreckst, und hinter dem Blau der Ostwind, der Sommer bald da, die Sonne umschließt den Erdball leise, durch das man die Welt betrachtet, eine Kenntnis, eine Resonanz, weiß, gleißend, rhythmisch auf deiner Hand.

Hydra sagt: Bin Hydra und Aszendent Kopf.

Hydra sagt: Neulich beim Dramaturgen. Die Rechnung ist ganz einfach, sagt der Dramaturg. (Der Dramaturg formt mit seinen Händen ein Dreieck). Wenn du mehr verkaufst, wird’s in der Gesamtmenge günstiger. Wenn du mehr aufführst, wird’s in der Gesamtlänge schöner. Die Aufführungsdichte korreliert signifikant mit der Verweildauer.

„Hab mich in Weltzeit gelegt.“

Hydra sagt: If you drop too much product, you lose attention.

Hydras Monitor sagt: Hydranale 2017. Die goldene Hydra geht an einen Film aus Hungary: „Fully 68 percent say sharing national customs and traditions is very important for being truly Hungarian.“ (als Wunderhirsch). Das Team verweist auf den Gründungsmythos der Magyaren als symbol- und weltschaffendes Phänomen --

Hydra sagt: The one thousand year old Hungary shows a very homogeneous face in its culture.

Hydra sagt: Wie sehr ich Hydrafrau bin. Schon toll was so alles passiert, was hier steht.

Hydra sagt: Der Dramaturg spitzt den Finger im Raum, schwitzt: Die Verweildauer darf nicht durch den Ausreißer des dramatischen Kontrapunktes beeinträchtigt werden. WENN, DANN NUR DOSIERT. Geht ab. [Was macht D. so nervös? Wer oder was ist Mythos, und wenn ja: Wie viele? Bleiben Sie dran, HydraTV live]

Hydra sagt: In-der-Welt-sein ist als Besorgen von der besorgten Welt benommen.

Hydra sagt: Was, wenn das Vergangene nie da war.

Hydra sagt: Hanni: Mein richtiges Herz, das ist grad anderwärts. Rückblick. Oder Vorblick. Oder dann war da die Erde. Die Erde, die war rund, die Erde aß vom Apfel, die Erde wurde bunt, der Raum war Licht, der Raum war Habicht, der Raum war Europa, dann war da Europa, Europa am Strand, Europa im Meer, Europa das Andere, Europas Herz, dann ist da die Hindin, die Hindin verführt Hungars, und Magors fruchtbares Gespür und Feuerstrom in Emesu, dann war da Almus, es gebar sich, die Knaben, die Gründer, die Frauen, die Säue, der Raum, unstete Reue, alles auf Anfang, Segel an Bord, Europa kam vom Meer, der Mythos ist tot, lang lebe der Mythos EUROPA.

(Lynn Musiol)


5.

Hydra sagt: Mein Amt, mein Stempel, meine Guillotine in Miniatur, groß genug für Kopf und Kragen. Ich bin kein Lügner, aber: Ich stelle Bescheide zu, durch die Schuldlose in meine Schuld treten. Ich verspreche Belohnungen, Gewinne für leere Gesellschaftskassen. Staatsanwälte ermitteln, Richter gewähren Rechte, Verdrossenheitssieger kommen auf mein Post-Amt. Hinter dem Krawallpult – verroht, verrostet, nach Metallblut stinkend – bin ich Durchsager des Missmuts jener, die glauben, dass ich einen Schalter zur Erledigung ihrer Anliegen eröffnen werde. Abhörwanzen strahlen mir ihre Angstwünsche zu, die ich als Schrei-Botschaften reflektiere. Ich bin ein exakt kalkulierter, unberechenbarer Algorithmus des Opportunismus. Ich bin der einzige Gewinner: mehr Chancenfreie unter mir. Gestreckte Arme wedeln mit Preisausschreiben. Es ist mein Spiel Galgenmann: Wie lautet das zukünftige Wort für „Glück“? Die Antwort: „H _ s s“ Gezeichnet: Ich, der Leit-Reißwolf.

(Markus Grundtner)


6.

hydra sagt:
seht nur wie diese plasmatischen hexen
völ–lig
ungestraft im holler schmollen ...
und ballern – ballern dürfen! – so wie einst
rot rot real rapido

während ein kardinal meniskus
mit 83 jahren an der baumgrenze
seine glockerl kontrolliert

so kann ich nicht vernichten
und – das habe ich immer gesagt – solange ich nicht vernichten kann
wird es von der akwxyö kein walhallaveto geben – ich habe nie gesagt
dass in mir das herz eines blauschimmelpavians fuhrwerkt und ich
eine karfiolsozialistische natter bin, die sich hasst, wenn sie weint
26 ml sind genug, hab ich gesagt

(Stephan Roiss)


7.

Hydra spricht: Ich schwanke und taumle zwischen Wut und Unmut hin und her. Ich schwanke die Regalreihen entlang und suche mir die richtigen Bücher, die mir alles – und mit alles meine ich alles – richtig erklären – und mit richtig meine ich annähernd. Ich schwanke am Heimweg in die Plakatständer und stoße sie mit meinem schwingenden Hüften um, und die Sprüche und Bilder darauf, an denen alles weiß ist, ganz besonders aber die Zähne, fallen mit ihren Nasen auf den Asphalt, etwas, das ich dann doch mit ihnen gemeinsam habe.

Hydra sagt, sie hat viele Köpfe, aber meine stoßen sich und es wummern die Köpfe wie sonst der Bass gegen die Brust. Ich muss Köpfe abha(c)ken. Den spontan Wütenden? Den Kopf, der etwas sieht, say like 2 x 2 Polizeirundgänge (immer 1 x Mann, 1 x Frau – Arche Noah Style) während 5 Minuten Auf-die-U-Bahn-warten, like „Warum die Auslända demonstriern dürfen, vasteh I net“ in der U-Bahn, like aus der U-Bahn in die S-Bahn, dann raus und dort Polizei mit Maschinengewehren am Flughafen, wenn gegen Abschiebungen nach dem als sicher propagierten Afghanistan demonstriert wird, wo es während der Demonstration einen Anschlag gegeben hat und von dem das österreichische Außenministerium sagt, das Risiko von Terroranschlägen, Minen, Vergewaltigungen, Raketen, Entführungen, gewalttätigen und kriminellen Überfällen bestehe. A.k.a zum Abschieben gut genug, Urlaub eher mau. Den Kopf, der dann, nachdem er etwas sieht, say all of the above, Nein ruft, Nein schreit, Neieeieiein, so soll das nicht sein und PASTA! Genug der Argumentation.

Hydra sagt: PASTA! Oder den langfristigen Unmutskopf, der liest, denkt, analysiert, klickt, kritisiert und von einer Form der Verkürzung in die Verlängerung fällt bis die Verlängerung ad Absurdum nicht über das Ziel hinausschießt, sondern gar das Ziel schon lange, lange nicht mehr gesehen hat, nicht zwischen den Zeilen, nicht auf der Tastatur, nicht in den Köpfen und nicht aus deren Lippen kommend. Nicht, dass ich so auf Wettbewerbe stehe, aber ohne Ziellinie läuft es sich doch schwer. Oooder der Kopf, den es – tbh – auch gibt, der sich an die letzten Zipfel gefühlter Schönheit festbeißt, als wäre es das letzte Hemd und dort wird versucht, es sich wohlig warm zu halten, weil Schuld sei mensch nun wirklich nicht an allem höchstpersönlich und ich schaue ja nicht weg, ich verschließe meine Augen nicht, nur ein kurzes Nickerchen, nur noch 5 Minuten schlummern.

„Ich schwanke und taumle zwischen Wut und Unmut hin und her.“

Hydra sagt: Das Gute im Bösen denkt auch im Guten an das Böse.

Hydra, sag mir welchen Kopf. Und warum ist alles Mut so nahe, aber doch nicht ganz das selbe: Wut. Unmut. Langfristiger Unmut sagt der Struktur leise jeden Tag Hallo. Sagt Hallo Staat und guten Tag Patriarchat. Guten Morgen Alltagsrassimus. Hey, how are you over there, (Neo-)Nazis, did someone make you a nice little lunch already. Schönen Nachmittag untergehende Sonne, Hi Türkei, Hi Trump, Hi Österreich, Hi Deutschland. Na Serwas Kapitalismus. Langfristiger Unmut sieht strukturelle Probleme, sagt ihnen, dass sie es sind, murmelt sie manchmal halbwahnsinnig in Vorbereitung vor sich hin, weil mensch weiß, dass sie kommen werden. Langfristiger Unmut grummelt, langfristiger Unmut liebt das, was nicht da ist, langfristiger Unmut will sich selbst langfristig unnötig machen, so wie vieles mit der Vorsilbe Anti. Vieles: Anti-Sexismus, Anti-Rassismus, Anti-Kapitalismus, Anti-Autorität, Anti-Faschismus.

Hydra sagt: Liebe das Anti so sehr, bis es platzt. Spontane Wut schreit die Schlagzeilen an. Spontane Wut im Bauch bei der Qual der Wahl zwischen rechtskonservativen und rechtspopulistischen Parteien in den Niederlanden, die gegen anti-demokratische (+ all of the above) Züge in der Türkei schreien und verbieten und schreien und verbieten, bis bis bis bis. Spontane Wut, wenn man nicht einmal mehr weiß, wessen Wahlkampf das profitieren soll. Spontane Wut weint heiße Tränen der absoluten Bitterkeit, wenn dem Wort „Asylwerber“ das Wort „unbescholtener“ vorangestellt wird, als wäre ansonsten das Gegenteil ohnehin enthalten. Spontane Wut lacht bitter böse, wenn Labels wie sozialdemokratisch ungefähr soviel Bedeutung wie Bio-Zertifikate haben. Spontane Wut gegen das Internet mit mehr Rechts als Links und weil Klagenfurt ohnehin nicht so leicht auszuhalten ist. Spontane Wut haut Gesichter und lacht angepinkelte Hosen aus, bis die Nazis weinen. Spontane Wut schreit Sprüche vorbeispazierenden Kapperln nach.

Hydra sagt: Fesch, Burschis! Hat euch die Mama heut wieder gleich angezogen? Spontane Wut hört nicht zu, bei dem, was sie schon nicht mehr hören kann. Spontane Wut hat kein Datum und spart nicht alle Wut zusammen, bis endlich der für die spezifische Diskriminierung vorgesehen Tag kommt. Spontane Wut weiß gar nicht, was das für ein Wort ist, das im Bauch ist, wenn Polen sagt, (Ja, ganz Polen. Ist doch die Idee von Repräsentation, no?) die Frauen sind zu klein und dumm für viel Geld. Spontane Wut schreit, wenn das eine „Blamage“ ist und keine langfristige Unmutsvermutung für alle bedeutet. Spontane Wut will von Graz wissen, was echte Mädchen sind, und was starke Frauen, und warum das eine zum anderen führt, und was mit allen anderen (was wiederum alle sind, echte Mädchen gibt es nicht) sein soll.

Hydra sagt: Jeden Tag 8. März.

Hydra sagt: Ich wanke mit meinen Köpfen, und dass sie an den zu engen Rundbögen der Welt, die offenbar nur mehr eine schiarche, dunkle, rechtsbepisste Gasse sein will, anstoßen, das MUSS so sein, weil, wenn schon alles immer MUSS, dann anstoßen.

Hydra sagt: Niemand hackt hier ihr irgendwelche Köpfe ab.

Hydra sagt: Kopf nur zum Ausholen einziehen oder wenn 10 nachwachsen.

Hydra sagt: Am Ball bleiben, auch wenn der Ball kompliziert, kantig, ein vielseitiges Arschloch und jegliche Tageszeitung ist.

Hydra sagt: Kopfballtooor!

Hydra sagt: Für Kommentare in Foren zu jeglichen Artikeln gibt es noch kein Essen, das man ausreichend essen könnte, um genug zu kotzen.

Hydra sagt: Eine vage Idee des Besseren reicht als Legitimation für das Verweigern des sicher Schlechteren.

Hydra sagt: Likes liken, Wut und Mut lieben.

Hydra sagt: Im Zweifel für die spontane Wut.

Hydra sagt: Im Zweifel für den langfristigen Unmut.

Hydra sagt: Endlos schlummern am Friedhof dann.

Hydra sagt: Nur betrunken oder freudentaumelnd schwanken.

Hydra sagt: Es ist noch nicht genug gesagt.

Hydra sagt: Noch nicht genug.

(Katharina Pressl)


OPEN CALL KOLLEKTIV — Die Beiträge für den OPEN CALL März 2017 wurden von Markus Grundtner, Lynn Musiol, Martin Piekar, Katharina Pressl, Stephan Roiss, Simone Scharbert, Daniel Schindler verfasst.